Totale Sonnenfinsternis 1.8.2008,       beobachtet in Novosibirsk, Russland

Gleich vorweg: Es war meine erste totale Sonnenfinsternis, die ich überhaupt erlebt habe ! Die Sonnenfinsternis 1999 hat der Wettergott bei uns "ins Wasser" fallen lassen.

Zusammen mit 4 Leuten von dem Verein "Astronomie Heidenheim e.V. bin ich nach Novosibirsk geflogen. Wir hatten vorher noch einen 3-tägigen Aufenthalt in Moskau eingelegt, um die Stadt anzusehen. Einer von den "Heidenheimern" hat einen guten Freund in Moskau, der uns nicht nur Unterkunft besorgte, sondern auch die russische Hauptstadt näher brachte. Er besorgte für uns auch ein Quartier in Novosibirsk. Hotels mit gutem Preis-Leistungsverhältnis waren in Novosibirsk bereits Anfang 2008 ausgebucht, aber er konnte für uns eine Wohnung reservieren, die wir für 3 Tage mieteten. Sie lag im Zentrum der Stadt, so daß wir Novosbirsk zu Fuß erkunden konnten.

Der Moskauer Freund hatte uns auch einen Kleinbus mit Fahrer besorgt, der uns schon am 30.7. vom Flughafen Novosibirsk abholte, und auch die ganze Zeit bis zum Abreisetag 2.8. zur Verfügung stand.

Das erste was uns in Novosibirsk überraschte, waren die sommerlichen Temperaturen. Die großen Digitalthermometer, die überall in der Stadt installiert sind, zeigten bis 30°C. Selbst nachts um 23h konnte man in kurzen Hosen und Sommerhemden in der Stadt spazieren gehen. Etwas Schwierigkeiten hatten wir, weil keiner von uns richtig Russisch konnte, und mit Englisch kommt man auch kaum weiter. Also war Phantasie gefragt.

Am 31.7., einen Tag vor der Sonnenfinsternis, erkundeten wir mit unserem Kleinbus die Gegend am Ob-Stausee, der südlich von Novosibirsk liegt. Aus Internetberichten war zu erfahren, daß bei bestimmten Wetterlagen die Wolken über dem See sich auflösen können, und hier die günstigsten Voraussetzungen für ein Beobachten der Finsternis sind. Die windabgewandte Uferseite sei besonders geeignet. Die Zentrallinie der Verfinsterung verläuft von Norden nach Süden direkt über den See. Unser Fahrer hat uns zuerst an das nördliche Ufer gebracht, dort wo die Zentrallinie verläuft. Hier befindet sich ein kleiner Ort, und ein Sandstrand, wo auch gebadet wurde.
Anschließend sind wir nördlich um den See herum gefahren, um an das Südufer zu kommen, wo beim Dorf Sosnovka die Zentrallinie verläuft. Das letzte Wegstück kann man aber nicht mehr als Straße bezeichnen, sondern nur noch als Piste. Aber wir haben das Ufer erreicht, und befanden uns schließlich auf einer großen Wiese. Dieser Platz gefiel uns sehr, und auch die Windrichtung passte. Wir gingen davon aus, daß am nächsten Tag die gleiche Windverhältnisse herrschen würden, und entschlossen uns, am nächsten Tag hier wieder her zu kommen

Hauptbahnhof Novosibirsk, Haltepunkt der Transsibirischen Eisenbahn.

In Novosibirsk

Typische alt-russische Häuser in Sosnovka

Unser Beobachtungsplatz am südlichen Ufer des Ob-Stausees, ca. 45km südlich von Novosibirsk. Im Hintergrund der kleine Ort Sosnovka. Wir waren nur etwa 1km von der Zentrallinie der Verfinsterung entfernt.

Mein kleiner 66/400mm-Refraktor mit der Canon EOS 20Da, auf der AYO-Montierung

Es waren zwar auch andere Beobachtungsgruppen am See, aber das Ufer ist sehr weitläufig, und wir waren ungestört.

Am 1.8. holte uns der Fahrer am frühen Nachmittag ab. Wir waren ca. 1 3/4 Stunden unterwegs - und waren fast die ersten am Strand. Bald nach uns kam eine Reisegruppe in etwa 5 Kleinbussen. Die platzierten sich aber weit von uns entfernt. Sogar zwei große Reisebusse brachten das Kunststück fertig, die schlechte Wegstrecke zu bewältigen. Die Fahrgäste schienen Asiaten zu sein.
Es kamen zwar noch einige Privatautos, aber die Uferwiese war insgesamt doch nur spärlich besetzt.

Wir bauten unsere Geräte direkt an der Uferline auf, mußten aber feststellen, daß der Wind sehr stark war. Um die Windprobleme zu mildern trugen wir alles vor unseren Kleinbus, der uns etwas Schutz bot. Ich hatte mein kleines Leitfernrohr ED66/400mm auf der AYO-Montierung und ein Fotostativ dabei, ferner die Canon EOS 20Da mit Fernauslöser und Winkelsucher. Mit dem Wetter hatten wir Glück. An diesem Tage war es deutlich besser als am Vortage, und die Wolken verzogen sich immer mehr. Schließlich hatten wir einen blauen Himmel ohne Wolken. Auch hohe Zirren gab es kaum, die Luft war klar. Die Finsternis konnte also beginnen.

Für das Fotografieren hatte ich im Internet recherchiert, mit welchen Belichtungszeiten für welches Stadium zu rechnen ist. So las ich, daß der Perlschnur-Effekt, der Diamantring, und die Protuberanzen ganz verschiedene Belichtungszeiten erfordern. Für die Korona hingegen muß man eine große Belichtsreihe machen, da die innere Korona eine ganz andere Helligkeit hat als die äußerste.

Beim Fotografieren der partiellen Phasei kann man sich noch viel Zeit lassen. Unmittelbar vor dem 2. Kontakt nahm ich den Filter vom Objektiv ab - und dann mußte es schnell gehen, denn der Perlschnureffekt dauert nur sehr kurz, nur wenige Sekunden. Und für mehrere Belichtungen mit unterschiedlichen Zeiten muß man sich sehr beeilen. Da war übrigens der Tip eines unserer Teilnehmer Gold wert, eine Stirnlampe mit zu nehmen. Bei der Totalität ist es so dunkel, daß man die Einstellungen an der Kamera ohne Zusatzlicht nicht mehr lesen kann. Die Totalität dauerte nur etwa 2 Min. 18 Sek. In dieser Zeit habe ich etwa 75 Aufnahmen gemacht mit Belichtungszeiten von 0,5s bis zur 1/8000 s bei ISO400. Ich habe aber trotzdem beobachten können. Der Planet Merkur war links oberhalb der Sonne deutlich zu erkennen, und Venus weiter links drängelte sich geradezu auf. Nach weiteren Planeten wie Mars und Saturn habe ich nicht Ausschau gehalten. sondern habe mein Augenmerk auf die "Schwarze Sonne" gerichtet. Und der Eindruck war überwältigend.
Kurz bevor die Zeit um war habe ich mich bereit gehalten um beim 3. Kontakt den "Diamantring" zu erhaschen. Und dann blitzte die Sonne ganz plötzlich gleißend hell hervor. In ganz kurzen Abständen habe ich noch einige Aufnahmen machen können - dann mußte der Filter wieder vor das Objektiv. Jetzt entspannte sich die Situation, man atmete durch, und konnte das Gesehene nachwirken lassen. Wir waren noch eine ganze Stunde am See, haben hin und wieder eine Aufnahme der partiellen Phase gemacht. Erst als der Mond die Sonne wieder ganz frei gegeben hatte, packten wir zusammen.
Die Reise nach Novosibirsk hatte sich gelohnt.

Animation der Sonnenfinsternis von 9:43 h bis 11:45 h UT

Bei dieser Aufnahme ist die Korona durch die lange Belichtungszeit von 1/8 Sek. sehr stark überbelichtet, aber auf der Mondoberfläche sind Details erkennbar !!

Link: Beobachtungsbericht von Christoph Rollwagen (Sosnovka bei Novosibirsk)